Serielle Sanierung – Eine Chance für den Holzbau.
Beim Thema energieeffizientes Wohnen steht Deutschland seit Jahren vor einem Problem: Ein großer Teil der Gebäude ist dringend sanierungsbedürftig und trägt erheblich zum CO2-Ausstoß des Landes bei. Trotz der bekannten Vorteile energetischer Sanierungen, wie z.B. die Senkung des Energieverbrauchs und der Heizkosten, sind solche Projekte mit einem hohen Arbeits- und Kostenaufwand verbunden. Das Prinzip der seriellen Sanierung bietet die Chance, den Sanierungsprozess zu beschleunigen und die energetische Qualität des Gebäudebestands nachhaltig zu verbessern. Im Experteninterview mit Markus Farnung von der Oikos Group haben wir darüber gesprochen, welche Vorteile sich im Vergleich zur herkömmlichen Sanierung ergeben und wie dieses Geschäftsfeld beim Erreichen der Klimaziele helfen kann.
Ein Interview mit Markus Farnung, Leitung PMO Oikos Group.
Herr Farnung, was versteht man genau unter serieller Sanierung und welche Rolle spielt Sie aktuell für den Holzbau?
Mittlerweile ist es bekannt, dass gerade bei älteren Gebäuden durch energetische Sanierungen große CO2-Einsparungen erreicht werden können. Insgesamt gehen die Sanierungsinitiativen in Deutschland jedoch nur langsam voran: Die Sanierungsquote liegt bei weniger als einem Prozent. Für die Energiewende wären jedoch bis zu vier Prozent notwendig. Die Oikos Group hat das erkannt und entwickelt aktuell bei einer Methode mit, welche die Sanierung von alten Bestandsgebäuden mit vorgefertigten Wandelementen in Holztafelbauweise aus dem Werk zügig und skalierbar ermöglichen soll. Dies ist auch unter dem Begriff „Serielle Sanierung“ bekannt und soll bei einer schrittweisen Erhöhung der Sanierungsrate unterstützen. Grundlage hierfür ist die international bekannte niederländische Methode „Energiesprong“. Dabei wird um das Bestandsgebäude eine hochgedämmte innovative Hülle gebaut, die das Haus mindestens auf einen Energiehausstandard mit nur 55kwh/m2 Verbrauch (EH55) hebt. Für dieses Prinzip eignet sich der Holzbau sehr gut, da der Baustoff Holz CO2 bindet. Außerdem beherrschen die Holzbaubetriebe seit Jahren das serielle Bauen, wodurch sich wiederrum viele Produktionen gut für das serielle Sanieren eignen.
Welche Vorteile bietet die serielle Sanierung gegenüber herkömmlichen Sanierungsmethoden – sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch?
Das Prinzip der seriellen Sanierung bringt viele wirtschaftliche Vorteile mit sich: Natürlich in erster Linie die Erhöhung der Sanierungsgeschwindigkeit, die vor allem mit der Skalierbarkeit bei ähnlichen Sanierungsobjekten zusammenhängt. Zuerst sollte ein erstes Pilotprojekt durchgeführt werden, um anschließend einen Vergleich mit ähnlichen Objekten zu ziehen und daraus Vorteile ableiten zu können. Auch aus ökologischer Sicht punktet die serielle Sanierung: Der Cradle-to-Cradle Ansatz wird immer wichtiger – die serielle Sanierung bietet Potenzial, das Materiallager der Zukunft direkt am Gebäude darzustellen.
Aus welchen Gründen haben Sie sich in der Oikos Group unter anderem auf die serielle Sanierung spezialisiert?
Unsere Werke sind auf die effiziente Serienproduktion von individuellen Holzhäusern spezialisiert. Die Produktion mit Losgröße 1 ist auch bei der seriellen Sanierung erforderlich. Damit haben wir eine sehr gute Ausgangsposition für die effiziente Produktion von Sanierungswänden.
Welche neuen Technologien oder Materialien spielen eine Schlüsselrolle in der seriellen Sanierung?
Die digitale Kommunikation und Dokumentation sind im Planungsprozess sehr wichtig, um alle Teammitglieder auf dem aktuellsten Stand zu halten. Aber auch die Wahl der Materialien, insbesondere für die sichtbare Fassade, ist entscheidend, da sie den Anforderungen der Stakeholder entsprechen muss. Bestandshalter wollen geringe Instandhaltungskosten, die Gesellschaft ein hochwertiges Erscheinungsbild. Wir Planer streben nach unkomplizierter Organisation und Normenkonformität, während wir den Produzenten und Montagekolonnen eine effiziente Produktion ermöglichen möchten. Die Planung an all diese Faktoren anzupassen, ist somit immer eine Herausforderung und spielt gleichzeitig eine Schlüsselrolle.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung von seriellen Sanierungskonzepten, und wie können diese überwunden werden?
Herausforderungen gibt es natürlich einige – das Spannende hierbei ist, wie diese kategorisiert und damit auch oft besser gemeistert werden können. Bei solchen Projekten ist die Kommunikation oft eine Herausforderung, da viele verschiedene Partner zusammenarbeiten und miteinander koordiniert werden müssen. Dabei können Kollaborations-Tools helfen. Oft stellt auch das Bestandsobjekt selbst eine Herausforderung dar: Von diesem müssen zunächst diverse Aufnahmen gemacht werden, um anschließend verschiedene Analysen durchzuführen. Diese sind mitunter wichtig für statische Berechnungen und können den Prozess verzögern.
Wie entwickelt sich die Nachfrage nach serieller Sanierung? Gibt es bestimmte Gebäudetypen oder Regionen, die besonders profitieren?
Generell ist das Interesse bei Bestandshaltern und Kommunen ein Pilotprojekt anzugehen gewachsen. Viele sehen hier die positiven Aspekte und stoßen somit die Analyse Ihrer Bestandsgebäude an, um potenzielle Gebäude für eine serielle Sanierung zu finden. Einige Regionen fördern zusätzlich die CO2-Bindung in Baustoffen, was natürlich auch die serielle Sanierung mit dem Rohstoff Holz begünstigt. Auch die Sanierung von Nichtwohngebäuden wie Schulen oder Kindertagesstätten wird immer interessanter: Die serielle Sanierung ermöglicht eine schnelle und energetische Sanierung in der Ferienzeit.
Zukunftsausblick: Wie sehen Sie die serielle Sanierung in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Welche Innovationen oder Entwicklungen werden den Markt besonders prägen?
Diese Frage gleicht einem Blick in die Glaskugel. Generell denke ich, dass der große Hebel in den Planungsprozessen liegt. Wenn diese verschlankt werden und eine gewisse Prozesssicherheit entsteht, kann die serielle Sanierung eine tolle Ergänzung zur klassischen Sanierung werden, und somit auch die Energiewende beschleunigen. Gerade wenn der Druck im Bezug auf die Geschwindigkeit zunimmt, wird die serielle Sanierung vermehrt nachgefragt werden. Erfreulich ist auch, dass immer mehr Lösungsanbieter in dieses Marktsegment einsteigen und damit auch Innovationen vorangetrieben werden. Institutionen wie die Deutsche Energie-Agentur (dena) unterstützen dabei und treiben Themen wie die Standardisierung mit Workshops voran. Ich blicke zuversichtlich auf das Geschäftsfeld der seriellen Sanierung und glaube, dass wir Holzbauer dabei eine, wenn nicht sogar mit die wichtigste, Rolle spielen werden.
Oikos Group GmbH:
Als einer der größten Fertighaushersteller in Europa vereint die Oikos Group die Marken Bien-Zenker, Hanse Haus und Living Haus unter einem Dach. Die Oikos Group deckt alle Fertigungsstufen von Fertighäusern ab, vom Ausbauhaus bis zum schlüsselfertigen Eigenheim. Zu den Kernmärkten zählen Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg und Großbritannien. Das Unternehmen steht für ökologische, ökonomische und soziale Leistungsfähigkeit und setzt darum auf nachhaltige Innovationen und Verantwortung. Hinter Oikos steht der Eigentümer Goldman Sachs Asset Managements mit seinen strategischen Überlegungen, in diesen Wachstumsmarkt zu investieren und das Fachwissen der drei Marken zu bündeln.